3.2.1
Die Serbenverfolgung und die Tschetniks Aus
der inneren und äusseren Unsicherheit des neuen Staates, den in
12-jähriger Emigration und Illegalität verfestigten
national-kroatischen Wunschbildern und der Fragwürdigkeit des
kroatischen Herrschaftsanspruchs an ein Gebiet, dessen Bevölkerung
fast zur Hälfte aus Orthodoxen und Muslimen bestand, ergab sich
von Anfang an ein widersprüchliches Verhalten gegenüber den
Minderheiten. Zum einen wurde in propagandistischer Stilisierung
ein grosser Teil der orthodoxen und muslimischen Bevölkerung als
eigentliche Kroaten betrachtet, die man durch
Zwangskatholisierungen und Massentaufen zurück zu ihrem ursprünglichen
Glauben zu bekehren beabsichtigte.[1] Andererseits
wurde die pravoslawische Bevölkerungsgruppe zur Zielscheibe eines
im Exil aufgestauten fanatischen Racheverlangens. Die Machtübernahme
der Ustascha und die Errichtung von Ustascha-Organisationen auf
dem Lande nahmen vielfach geradezu die Form eines nachgeholten
Aufstandes gegen die Serben an, in dem sich all jene Hassgefühle
abreagierten, die sich bei den Führern der illegalen Ustascha vor
1941 in jugoslawischen Gefängnissen und in der Emigration gegen
den serbisch-orthodoxen Unterdrücker aufgespeichert hatten. Diese
Stimmung verstärkte sich noch, als bekannt wurde, dass
versprengte serbische Soldaten der jugoslawischen Armee nach der
Proklamation des kroatischen Staates aus Rache an den „Verrätern“
Überfälle auf abgelegene kroatische und muslimische Dörfer Südbosniens
und der Herzegowina verübten.[2] Nach
den Berichten Kästlis hatten sowohl der Poglavnik, dessen
Kultusminister Budak, welcher monatelang die erbarmungslose
Feindschaft gegenüber den Serben gepredigt hatte, als auch Slvako
Kvaternik und dessen Sohn Eugen[3],
der Chef der Ustascha-Polizei, die Pravoslawen, Kommunisten, Juden
und Freimaurer zu den erbittertsten Feinden des Unabhängigen
Staates Kroatien erklärt. Er beschreibt wie das Vorgehen der
Ustascha-Polizei und der Ustascha-Miliz in Stadt und Land,
namentlich in der Lika und Bosnien, teilweise von einer
Rechtswillkür und Grausamkeit begleitet war, die dem Regime in
weiten Kreisen bittere Kritik eingetragen und ihrem Ansehen schwer
geschadet hatte. Gemäss verschiedenen Quellen wurden über 100
000 Pravoslawen aus Kroatien nach Serbien vertrieben[4] und gegen 200 000 bis zum
Ende des ersten Jahres getötet.[5] Inzwischen
war im besetzten Jugoslawien eine aktive Widerstandsbewegung auf
den Plan getreten. Die erste und zunächst bedeutendste Initiative
des Widerstandes ging von nationalserbischer Seite aus und wurde
von Gruppen serbischer Freischärler getragen, die sich unter dem
traditionellen Namen Tschetniks[6]
(Četnici; četa = Bande, Schar, Kompanie) gleich nach der
Kapitulation der jugoslawischen Armee unter serbischen Offizieren
und lokalen Führern gebildet hatten. Diese Soldaten der
zerstreuten und versprengten jugoslawischen Armee, die mit ihren
Waffen der Gefangenschaft entronnen und in abgelegenen Bezirken
untergetaucht waren, formierten sich bald in verschiedenen
serbischen, montenegrinischen und bosnischen Gebieten zu
voneinander unabhängig operierenden Tschetnik-Gruppen. Als führender
Stratege und Organisator der Bewegung, dem sich die regionalen
Freischärler mehr oder weniger unterordneten, trat bald der 53-jährige
Oberst Draža Mihajlović hervor. Mihajlović, der
Generalstabsoffizier und Militärattaché der jugoslawischen Armee
gewesen war, anerkannte zusammen mit einer Gruppe von Offizieren
und Mannschaften den Waffenstillstand vom 18. April nicht. Er
entschied, stattdessen den Kampf fortzusetzen und hoffte, in
Bosnien und Westserbien zusammen mit anderen intakten Einheiten
eine neue Abwehrfront aufbauen zu können. Das erste Gefecht mit
deutschen Einheiten, das seiner Kampfgruppe schwere Verluste
beibrachte, belehrte Mihajlović, dass eine Weiterführung des
Widerstandes nur noch auf dem Weg der Guerilla-Taktik möglich
war.[7] Die
Tschetnik-Bewegung – eigentlich zur Bekämpfung der deutschen
Besatzungstruppen aufgebaut –
formierte sich nunmehr auch im Ustascha-Staat wegen der im Juni
1941 einsetzenden Serbenverfolgung unter dem Pavelić-Regime.
Es entstanden so in Ost- und Zentral-Bosnien, der Herzegowina und
der Lika bewaffnete serbische Selbstschutz- und
Widerstandsgruppen, die grössere Gebiete unter ihre Kontrolle
brachten und der Ustascha die Herrschaft streitig machten. Sie
bildeten gemäss Kästli einen Staat im Staate. Die von ihnen
besetzten Gebiete beherrschten sie souverän und stellten für
diese sogar Passier- und Schutzscheine aus. So wurde im Laufe der
Zeit die Ustascha, und nicht mehr die deutschen und italienischen
Besatzungstruppen, Hauptgegner der Tschetniks. Deshalb stellten
sie fortan den Schutz der serbisch-orthodoxen Bevölkerung sowie
die Rache für vorangegangene Massaker der Ustascha in den
Vordergrund ihrer Widerstandsbewegung. So entwickelte sich im
Verlauf des Krieges zwischen den Tschetniks und der Ustascha ein
vielfach erbittert geführter National- und Religionskrieg, in
dessen Verlauf auch Tschetnik-Banden kroatische und muslimische Dörfer
überfielen und dabei an Grausamkeit hinter der Ustascha kaum zurückstanden.[8] 3.2.2
Die Partisanenbewegung Eine
zweite Widerstandsbewegung, die etwas später als jene der
Tschetniks einsetzte, entstand unter kommunistischen Vorzeichen.
Ihr oberster Kommandant und Führer war Josip Broz, genannt Tito.
Im Ersten Weltkrieg geriet er in russische Gefangenschaft, schlug
sich anschliessend durch verschiedene Lager durch und untermauerte
in Theorie und Praxis seine kommunistische Weltanschauung. Nach
der Rückkehr in die Heimat stieg er auf der Stufenleiter der
jugoslawischen kommunistischen Partei rasch empor. Wegen seiner Tätigkeit
wurde er mehrmals eingekerkert, dessen ungeachtet organisierte und
lenkte er seine verbotene Partei[9]
als Untergrundbewegung.[10] Während
des Aprilfeldzuges 1941 in Jugoslawien stand die Partei abwartend
beiseite, weil die kommunistische Sowjetunion zu diesem Zeitpunkt
noch mit Deutschland verbündet war. Als aber Deutschland am 22.
Juni seinen Russlandfeldzug eröffnete, rief Molotow gleichentags
durch Rundfunk alle kommunistischen Parteien zum aktiven Kampf
gegen das Reich und dessen Verbündete auf. Mit diesem Aufruf war
auch für die jugoslawischen Kommunisten die Stunde gekommen, als
Partisanen gegen die Besatzungstruppen und die kroatischen
Einheiten zu kämpfen.[11] Tito,
der den Sitz des jugoslawischen Zentralkomitees Anfang Mai von
Zagreb nach Belgrad verlegt hatte, erliess als gewählter
Oberkommandant am 4. Juli den Befehl, die Besatzungstruppen durch
fortgesetzte Anschläge zu schädigen und zu ermüden. Hierbei
sollten die Partisanenverbände entscheidenden Gefechten
ausweichen und ihre Kampfkraft für den Endkampf erhalten. Als
Abzeichen trugen die Partisanen zur Zivilkleidung nur den roten
Stern auf der Mütze.[12] Übereinstimmend
mit den übrigen Quellen berichtet Kästli, dass zu Beginn des
Bandenkrieges in den Reihen Titos vorzugsweise Serben standen, die
entweder vor der Ustascha oder den Deutschen geflüchtet waren.
Dies änderte sich, als nach den ersten Wochen die Freude über
die errungene Befreiung Kroatiens verklungen war und in den
breiten Schichten des kroatischen Volkes die Konzessionen Pavelićs
an Italien bekannt wurden, die kroatische Bauernpartei aufgelöst
und ihr Führer Maček verhaftet wurde, und die Ustascha-Miliz
anfing Untaten gegen kroatische Bürger zu verüben. Danach
begannen viele Kroaten sich von der Regierung abzuwenden und in
die Wälder zu flüchten. Weil sich die auf den illegalen Kampf
nicht ausgebildete Bauernpartei Mačeks aktionsunfähig
zeigte, blieben nur die kommunistischen Partisanen, denen sich die
Kroaten anschliessen konnten. Tito verstand es zudem, die führungslosen
Dissidenten um sich zu gruppieren und die linksgerichtete
Intelligenz für sich zu gewinnen.[13] Der
schweizerische Konsul wies in einem Schreiben an Bundesrat
Pilet-Golaz darauf hin, dass nur noch die Führungspersonen und
ein kleinerer Teil der Partisanen eigentliche Kommunisten waren,
die ihre Ziele streng nach dem moskowitischen Lehrbuch
ausrichteten. Der Grossteil jedoch bestand aus Bauern und Bürgerlichen
jeder Nationalität, die entweder Anhänger einer Bauernpartei
oder der Alliierten waren. Sie bildeten damals in der Opposition
eine Kampfgemeinschaft, die sich nach Ansicht Kästlis aber
voraussichtlich am Ende des Krieges wieder spalten würde. Trotz
der unterschiedlichen Herkunft der Partisanenkämpfer erstreckte
sich die straffe Organisation auf alle, auch auf die Freiwilligen
und zwangsweise rekrutierten Mitläufer, von denen viele nichts
anderes als Antifaschisten waren.[14] Auf
die in Serbien stetig anwachsende kommunistische Partisanentätigkeit
reagierten die deutschen Stellen mit rigorosen Massnahmen. Nachdem
sich die Sabotageakte dieses Gegners, der sich kaum fassen liess,
weiterhin häuften, gingen die deutschen Truppenkommandeure und
Feldkommandanten dazu über, den Terror des Gegners durch
schlimmeren Gegenterror in Gestalt von Repressalien und
Geiselerschiessungen zu beantworten. Um solche Vergeltungen nicht
selbst durchführen zu müssen, liessen die deutschen Stellen die
Erschiessungen vielfach von der im Militärverwaltungsgebiet
Serbien als Exekutive beibehaltenen serbischen Gendarmerie ausführen.
Es wurde indes bald ersichtlich, dass der damit beabsichtigte
Abschreckungseffekt einen Teil der serbischen männlichen Bevölkerung
aus Angst vor neuen deutschen Repressalien in die Berge zu den
Partisanen und den Tschetniks trieb.[15] Um
die Kräfte für die Bekämpfung der Besatzungsmächte zu
vereinigen, bemühte sich Tito bereits im Herbst 1941 um ein
Zusammentreffen mit Mihajlović. Dieser, der im Allgemeinen
wenig Sympathie für die Kommunisten hegte, konnte sich zu diesem
Zeitpunkt noch als eigentlicher Führer des Widerstandes
betrachten, zumal ihn die Alliierten als solchen anerkannten.
Mihajlović willigte ein, Tito zu treffen, doch führten die
Verhandlungen nur zu einer sehr unverbindlichen Zusicherung
gegenseitiger Unterstützung. Titos Wunsch nach engster
Kooperation erfüllte sich nicht.[16]
Kästli scheint von diesen Verhandlungen keine Kenntnisse gehabt
zu haben, da in seinen Berichten diesbezüglich nichts erwähnt
wird. Es
zeigte sich schon damals, abgesehen von den politischen
Meinungsverschiedenheiten und dem gegenseitigen Misstrauen, die
ganze Diskrepanz der Taktiken dieser beiden Bewegungen. Tito
erhoffte sich mehr von einem unermüdlichen Kampf gegen die
Besatzungsmächte. Dagegen plädierte Mihajlović, obwohl zu
aktivem Kampf und Verteidigung der nationalen Freiheit nicht
weniger entschlossen, für mehr Zurückhaltung sowie grössere
Schonung der intakten eigenen Kräfte. Ausserdem warf er den
kommunistischen Partisanen vor, mit ihrem Vorgehen zusätzliche
Repressalien und unnötiges Blutvergiessen zu provozieren. Damit
hing aufs engste der Unterschied der Zusammensetzung und Struktur
der beidseitigen Anhänger und Kampfverbände zusammen. Während
sich die Tschetniks überwiegend aus der ortsansässigen bäuerlichen
Bevölkerung rekrutierten, die entsprechend der alten
Selbstschutz-Tradition in ihrem Heimatbezirk sesshaft blieben und
nur im Bedarfsfall zu den Waffen griffen, ging Tito immer mehr
dazu über, mobile Partisanenabteilungen, sogenannte proletarische
Brigaden, zu bilden.[17] Obwohl
die Verabredung zwischen Tito und Mihajlović keine dauerhafte
Kooperation einleitete und bereits im November zwischen Tschetniks
und kommunistischen Partisanengruppen offene Kämpfe entbrannten
und bald eine unüberwindbare Kluft entstand, wirkte bei den
Besatzungsmächten allein die Tatsache der Unterredung zwischen
Mihajlović und den Kommunisten alarmierend.[18] Schon
vor dieser Meldung waren die Besatzungsmächte darum bemüht
gewesen, keine aufständische Einheitsfront zustande kommen zu
lassen. Da der Kampf vor allem gegen die stärker agierenden
kommunistischen Partisanen mit militärisch-polizeilichen Mitteln
allein nicht zu gewinnen war, lag es nahe, durch grösseres
Entgegenkommen gegenüber den nationalserbischen Interessen und
Gruppen auf politischem Wege eine antikommunistische Front zu
schaffen. Dazu bestand aber nur dann Aussicht, wenn man sich
entschloss, den Kampf gegen die feindlichen Tschetnik-Gruppen
vorerst zurückzustellen, sie zu schonen und ihnen eine serbische
Regierung mit eingeschränkten Kompetenzen zuzugestehen. Dadurch
hoffte man, die Tschetniks zumindest zum Stillhalten, wenn nicht
gar zur Mithilfe im Kampf gegen die Kommunisten gewinnen zu können.[19] Zu
diesem Zweck wurde am 29. August 1941 die Nedić-Regierung ins
Leben gerufen, die aus führenden Serben aus Politik, Wirtschaft
und Wissenschaft bestand. Um ihr Ansehen zu heben, erhielt Nedić
den Titel eines Ministerpräsidenten. Durch diese Massnahmen
glaubte man, der jugoslawischen Exilregierung den Boden entziehen
zu können. Der neuen Regierung wurde zugesagt, über die eigenen
Finanzen disponieren zu können, und der serbisch-orthodoxen
Kirche versprach man, ihre Tätigkeit in ihrer Organisation ungestört
weiterführen zu können. Des Weiteren zeigten sich die deutschen
Stellen bereit, die serbische Gesetzgebung und die Gerichtsbehörden
anzuerkennen. Nichtsdestoweniger wurde deutscherseits aber
sichergestellt, dass die Bindung an die Weisungen des deutschen
Militärbefehlshabers unverändert blieb. In seiner Regierungserklärung
setzte Nedić als Programm insbesondere die Rettung des
serbischen Volkes vor der Ausrottung und der Anarchie sowie den
Kampf gegen den Kommunismus fest. Für das Letztere sagten die
deutschen Stellen der Regierung eine Aufstockung und bessere
Bewaffnung der serbischen Gendarmerie zu.[20] Die
Gespräche zwischen Tito und Mihajlović führten derweil bei
den deutschen Stellen zu einem radikalen Umdenken in ihrer Politik
gegenüber den Tschetniks. Der deutsche bevollmächtigte
Kommandierende General in Serbien verbot nach Bekanntwerden der
Kontaktnahme zwischen den beiden Widerstandsführern den deutschen
Truppen kategorisch jedes Verhandeln mit irgendwelchen Aufständischen-Gruppen
und -Führern. Auch die Nedić-Regierung wurde veranlasst, die
Verbindungen mit Mihajlović zu unterbrechen. In der Tat
verschärften die Deutschen ihre Massnahmen sowohl gegen die
Partisanen als auch gegen die Tschetniks, doch hielt sie dies
nicht davon ab, weiterhin Kontakt mit einzelnen
deutschfreundlichen Tschetnik-Gruppen zu suchen.[21] Die
demonstrative Reaktion der Deutschen war auch dazu bestimmt, die
kroatische Ustascha-Regierung zu beschwichtigen, welche die Annäherung
der deutschen militärischen Stellen in Belgrad an die
nationalserbischen Kräfte mit grösstem Argwohn verfolgte. Die in
Zagreb besonders beunruhigende Nachricht über die Kooperation der
Achsenmächte mit serbisch-nationalen Kräften bezog sich jedoch
weniger auf die deutschen als vielmehr auf die italienischen
Besatzungstruppen.[22] Das
Umsichgreifen der Aufstandsbewegung in der italienischen
Besatzungszone Kroatiens bewog das italienische Oberkommando,
seine Truppen zu verstärken, den kurz vorher weitgehend geräumten
Küstenstreifen bis zur Demarkationslinie erneut zu besetzen und
im Operationsgebiet die Befehlsgewalt der Truppenkommandeure über
die kroatischen Behörden zu beanspruchen.[23]
Hinzu kam, dass die italienischen Militärbehörden anfingen, den
örtlichen kroatischen Organen und insbesondere der Ustascha
direkt entgegenzuarbeiten, indem sie die gegen die pravoslawische
Bevölkerung und die Juden gerichteten Massnahmen zum Teil wieder
rückgängig machten und sich zur militärischen Sicherung in
manchen Gebieten vermehrt der serbischen Tschetniks bedienten.
Offiziell erklärte Italien die Massnahmen damit, dass die
Ustascha mit ihren Repressalien ein Chaos in ihrer Besatzungszone
verursacht und damit den Partisanen offenkundig Zulauf verschafft
hätte. Deshalb sah sich die Regierung in Rom dazu veranlasst, die
Lage wieder unter Kontrolle zu bringen.[24] Der
Ustascha-Terror gegen das Serbentum bot den italienischen Militär-
und Zivilbehörden aber die Chance, auch über das dalmatinische
Annexionsgebiet hinaus als Protektor der serbischen Bevölkerung
aufzutreten und in den serbischen Tschetniks orts- und
landeskundige Hilfstruppen sowohl gegen die kommunistischen
Partisanen als auch zur Stärkung des italienischen Einflusses im
kroatischen Küstenland zu gewinnen. Zudem sahen die italienischen
Stellen in den Tschetniks vor allem einen möglichen Verbündeten
gegen die Ustascha-Propaganda und gegen die kroatische
Mehrheitsbevölkerung in diesem Gebiet, die der italienischen
Herrschaft und den Italienisierungsbestrebungen Widerstand
leistete.[25] 3.2.3
Die Einschätzungen Kästlis am Ende des Jahres 1941 In
seinem letzten Bericht aus dem Jahre 1941 schreibt Kästli, dass
die allgemeine Lage Kroatiens sich politisch und wirtschaftlich
bis zu diesem Zeitpunkt noch verschlechtert hätte. Die sozialen
Auswirkungen seien einstweilen noch nicht in Augenschein getreten,
man erwarte sie aber spätestens auf das kommende Winterende in
Form von Hungerrevolten und Währungsnöten. Deutschland zeige
sich am politischen Schicksal des Unabhängigen Staates Kroatien
mehr und mehr desinteressiert, um so intensiver beute es aber das
Land wirtschaftlich aus. Eine Gruppe von Mitgliedern der
Regierung, die Deutschland in Kroatien halten wolle, bemühe sich,
ihren Verbündeten dazu zu bringen, seinen politischen Einfluss im
Lande nicht preiszugeben.[26] Von
ihrem gesamten Staatsgebiet besass die Regierung in Zagreb etwa
ein Viertel in ihrer Gewalt. Der Rest wurde von anderen Einflussmächten
beherrscht. Im Küstengebiet massten sich die italienischen
Besatzungstruppen die Macht an, in weiten Teilen Bosniens
kontrollierten die Aufständischen, die weiter neuen Zulauf
erhielten, das Territorium und im Nordosten hatte man die dort
wohnhaften Volksdeutschen mit Sonderrechten ausgestattet.[27] Kästli
berichtet, dass bis etwa vor Monatsfrist in vielen Kreisen die
Meinung vorherrschte, die Missstände seien von kurzer Dauer und würden
schliesslich mit den von der Regierung eingeleiteten militärischen
Säuberungsaktionen überwunden. Die in den ersten sechs Monaten
des jungen Staatslebens gemachten schweren Fehler würden sich
aber noch bitterer und früher rächen, als man es sich gedacht hätte.
In den kroatischen Kreisen war man der Meinung, dass der Hass
zwischen Kroaten, Pravoslawen, Muslimen, Ustaschen und Freischärlern
und auch die immer feindlicher werdende Einstellung gegenüber den
fremden Besatzungstruppen sich so tief eingefressen hätte, dass
jede Aktion zu einer Befriedigung von Anfang an als utopisch
angesehen werden müsste. Kästli
fügte hinzu, dass nach dem Umschwung vom 10. April sich viele
Jugoslawen als plötzliche Kroaten entpuppten hätten, jetzt am
Ende des Jahres aber die gleichen Kroaten allmählich wieder den
Weg zurückfänden und wieder jugoslawisch zu denken anfangen würden.
Den Anlass zu dieser Wandlung bot nach Kästli die Erkenntnis,
dass Kroatien von den Grossmächten zu selbstsüchtigen Zwecken
ausgenützt werde, und dass die eigene Staatsgewalt nachlasse, den
üblichen Erscheinungen des Zerfalls wie Rechtswillkür, Gewalttätigkeit
und Korruption entgegenzutreten. Wirtschaft und Währung würden
zudem allmählich zugrunde gehen. Und anstatt einer Befriedung der
ethnisch, konfessionell und politisch verfeindeten Volksschichten
nehme der erbitterte Bruderzwist seinen Fortgang, dem scheinbar
niemand Einhalt zu gebieten die Macht habe.[28] Angesichts
dieser negativen Entwicklungen schilderte Kästli die weitere
Zukunft des Unabhängigen Staates wie folgt: „[...]So
zeigt die Prognose für einen Fortbestand des Unabhängigen
Staates Kroatien heute eine ablaufende Kurve. Das junge
Staatsgebilde kann sich von seinen Kinderkrankheiten nicht
erholen. Der Ausbau der Parteiorganisation, der Vertretungen und
die Beteiligung an politischen Demonstrationen der Achsenmächte
sind nicht allen Beweis genug, dass mit diesen Äusserlichkeiten
der Weiterbestand des kaum befreiten Vaterlandes gesichert bleibt.
Auch die Tatsache, dass sich das Ustascharegime behauptet und
seine Macht demonstrativ zur Schau trägt, wirkt nicht restlos
beruhigend.“[29] 3.3
Die ersten Krisen im Ustascha-Staat 3.3.1
Die Absicht Italiens, Kroatien vollständig zu besetzen Gleich
zu Anfang des Jahres 1942 drohte die Unabhängigkeit des Staates
Kroatien dem Machthunger der italienischen Führung zum Opfer zu
fallen. In diesem Sinne berichten von den hier zur Verfügung
stehenden Quellen allein die Schriften Kästlis ausführlich über
eine am 3. Januar 1942 in Triest getroffene schriftliche
Vereinbarung zwischen Mussolini und Pavelić, wonach Kroatien
durch Italien und Ungarn militärisch besetzt werden sollte.[30]
Die italienischen Besatzungstruppen sollten bis zur Save vorrücken,
und vom Norden her sollten ungarische Truppen ebenfalls bis zur
Save vorstossen. In Deutschland habe man wegen der steigenden
Beanspruchung der eigenen militärischen Mittel durch die Wende in
Russland und den Kriegseintritt Amerikas seine Zustimmung zu
diesem Plan gegeben.[31] Um
die Meinung Deutschlands in dieser Sache umzustimmen, hatte zum
einen der Poglavnik dem Reich ein Zugeständnis nach dem anderen
gemacht, um eine Entscheidung solang als möglich hinauszuschieben
und sein Land damit zu retten. Zum anderen hatten angesehene
kroatische Persönlichkeiten Hitlers Vertrauten, General Glaise
von Horstenau, aufgesucht und ihn davon zu überzeugen versucht,
dass eine Besetzung Kroatiens durch italienische und ungarische
Truppen für Regime und Volk psychologisch untragbar sei. Dennoch
sträubte sich der General gegen eine Belassung deutscher Truppen.
Er wollte es damit bewenden lassen, drei Divisionen zur
Liquidierung der Aufständischen zurückzulassen, die nach
erfolgreichem Abschluss ebenfalls abgezogen werden sollten. Nach
langem Insistieren zeigte sich Glaise von Horstenau bereit, die
Angelegenheit mit Hitler zu besprechen. Angesichts der zunehmenden
aufständischen Aktionen im bosnischen Raum und im Hinblick auf
eine erwartete englische Balkanoffensive hatte Hitler schliesslich
die Abmachung von Triest wieder über den Haufen geworfen. Die
militärische Besetzung Kroatiens durch Italien und Ungarn
unterblieb.[32] Stattdessen
beabsichtigte Italien nebst der kroatischen Zvonimirkrone auch die
ungarische Stephanskrone für den Herzog von Spoleto zu gewinnen.
Damit wäre nach historischem Vorbild eine Personalunion zwischen
Ungarn und Kroatien geschaffen worden. Doch dieses Vorhaben
scheiterte ebenfalls.[33] 3.3.2
Die Einberufung des Sabor Um
seine Macht staatsrechtlich zu verankern, berief Pavelić am
23. Februar 1942 den Sabor (Landtag) ein, der aus den noch
lebenden Abgeordneten des im Jahre 1918 gewählten Landtages
bestand, mit Ausnahme derjenigen, die gegen die „Ehre des Unabhängigen
Staates Kroatien“ verstossen hatten. Zu diesen gehörten die
Angehörigen des jugoslawischen Kabinetts, einschliesslich Maček,
der wie berichtet kurz nach Ausrufung des neuen Staates von der
Ustascha inhaftiert wurde und bis zum Untergang des
Ustascha-Regimes in Gefangenschaft blieb. Des Weiteren gehörten
dem Sabor neu die Doglavniks, die Adjutanten und Kommissare des
Ustascha-Hauptquartiers und zwei Vertreter der deutschen
Volksgruppe an. Von den insgesamt über 200 Abgeordneten des
Landtages waren neben Pavelić und Slavko Kvaternik, 26 höhere
Ustaschafunktionäre, 107 Vertreter der Ustaschabewegung, 15
Muslime und drei Pravoslawen. Das ergab ein völlig schiefes Bild,
wenn man in Betracht zieht, dass die Pravoslawen, die immer noch
ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachten, drei Abgeordnete
haben durften, während die Ustascha über die absolute Mehrheit
verfügte. Zur Rehabilitation der Ustascha, die nach dem Königsattentat
an Alexander I. als terroristische Gruppe betrachtet wurde, hatte
der Sabor einstimmig ein Gesetz beschlossen, das die Zeit vom 1.
Dezember 1918 bis zum 10 April 1941 als einen für Kroatien
unwirksamen und illegalen Zustand erklärte und alle bis anhin vom
Poglavnik vollbrachten Taten guthiess.[34] Kästli
berichtet, dass die öffentlichen Sitzungen des kroatischen
Landtages den Staatsministern die Gelegenheit gaben, sich über
die Tätigkeit in ihren Fachgebieten auszuweisen. Aussenminister
Lorković schilderte dabei die Beziehungen des Unabhängigen
Staates Kroatien zum Ausland. Auffallend dabei war das Bemühen,
das Verhältnis zu Italien als nicht weniger herzlich als zu
Deutschland darzustellen. Die Rivalität zwischen diesen beiden
Staaten machte dies erforderlich.[35] Mit
einer Schlussrede in Form einer Botschaft an die Volksvertretung
wurde der Sabor vom Poglavnik feierlich beendet. Nach Kästlis
Ansicht fiel die Rede neben ihren Hauptteilen, die staatsmännisches
Format aufwiesen, in den Nebenteilen ziemlich stark ab, enthielten
sogar einige Entgleisungen. So entschuldigte sich der Poglavnik für
die Fehler seiner eigenen Beamten und führte nicht gerade glückliche
Beispiele von Amtsmissbrauch an. Die Behauptung, der Kommunismus
sei nur bei gewissen Intellektuellen zuhause, widersprach der
Tatsache, dass ein nicht unbedeutender Teil der Exekutionsopfer
dem Arbeiterstand entstammte. Gemäss Kästli blieb in der Beweisführung
für die Richtigkeit der Politik Pavelićs die Logik oft auf
der Strecke.[36] Hierfür bietet seine
Vorstellung von Demokratie, die von seinen politischen Nachbarn so
geschmäht wurde, ein Beispiel: „Wie ist denn
ein Parlament mit dem autorativen Staate vereinbar, wie ist es zu
vereinbaren, dass eine demokratische Einrichtung wie es das
Parlament, wie es der Sabor ist, in einem Staate arbeiten können,
der auf autoritative Grundsätze gestellt ist? Es gab manche,
die sich die Frage ganz ernst stellten. Für mich war das überhaupt
keine Frage, weil – ich frage Euch alle – wo war denn die
Demokratie, als der kroatische Sabor bestand. Ist denn die
Demokratie die alleinige Art, womit das Volk seinen Willen
kundgeben könne? Ist denn sie das alleinige Mittel damit das Volk
seine nationale Geschäfte erledigen und über seine
Angelegenheiten entscheiden könne? Wir wissen ja, dass der
kroatische Sabor seine nationalen und staatlichen Angelegenheiten
vor tausend Jahren erledigte, als praktisch noch niemand wusste,
weder dass es eine französische noch dass es eine praktische
Demokratie gebe. Sicherlich wird niemand weder König Tomislav
noch König Zvonimir noch unsere Zrinjskis und andere Magnaten und
Vorfahren, auch den Leuten aus dem Volk nicht zumuten, dass sie
Demokraten waren. Nachdem ich aber das Wort Demokratie erwähnt
habe, das wir sonst aus unserem Wörterbuch strichen, damit auch
die schändliche Erinnerungen getilgt werden, die die Demokratie
hinterlassen hatte, wie sie auch die aufgeklärtesten besten und mächtigsten
Völker getilgt haben, so sei mir gestattet, nur einige Worte darüber
zu sagen, was wir in dieser Demokratie, sagen wir in der
parlamentarischen Form, durchzuleben hatten. Vielleicht hätte
jemand sagen können, unsere Geschäftsordnung, die durch die
Gesetztesverordnung erbracht wurde, sei reaktionär. Möglicherweise
gab es weiter Leute, die solcher Ansicht waren, weil es eben Leute
gab, die dachten, dieser Sabor werde eine Karikatur des
Parlamentes sein. Ich sage Euch aber und ihr habt Euch überzeugen
können, dass es keine bessere Arbeitsgelegenheit geben könne,
als die in der Gesetzesverordnung vorgeschriebene.“[37] Gemäss
dem schweizerischen Vertreter in Zagreb beabsichtigte Pavelić
mit dieser Rede, dem Sabor den Anstrich einer demokratischen
Institution zu geben, um damit einen Teil der Anhängerschaft Mačeks
für sich zu gewinnen. Nachdem der Sabor die Grundzüge seiner
Politik gutgeheissen hatte, liess der Poglavnik Ausschüsse
bilden, denen die Aufgabe gestellt wurde, die diktatorischen
Erlasse in gesetzliche Formen zu kleiden. Es wurde sogar ein
Ausschuss mit dem Auftrag gebildet, einen Entwurf zu einer
Verfassung auszuarbeiten. Dieses Projekt geriet ähnlich wie der
Sabor selbst allmählich in Vergessenheit, so dass sich niemand
mehr darum bemühte.[38] Der
mit viel Pomp aufgezogene Sabor hatte, so berichtet Kästli, in
den breiten Volksschichten jedoch wenig Widerhall gefunden. Man
stellte sich dort die Voraussetzung für eine gesunde Demokratie
anders vor. Man sah im Sabor nichts weiter als eine Kulisse,
hinter welcher der Poglavnik und seine Regierung einen Teil ihrer
Verantwortung ablegen wollten. Der Führung gelang es daher, weder
das In- noch das Ausland von diesem „demokratischen“
Regierungssystem zu überzeugen.[39] 3.3.3
Der Konflikt zwischen der Ustascha-Miliz und den Domobranen Im
März des gleichen Jahres bemühte sich Pavelić, welcher der
Kritik der Deutschen bezüglich einer schwachen kroatischen Führung
entgegentreten wollte, um eine Konsolidierung der innenpolitischen
Lage. Dazu gehörte ein neu geschaffenes „Hauptquartier des
Poglavniks“, in welchem alle an der Landesverteidigung und der
öffentlichen Sicherheit interessierten Zentralstellen sowie die
Ustascha vertreten waren. Die neue Institution hatte den Zweck,
unter der unmittelbaren Leitung des Poglavniks alle in das
Sachgebiet gehörende Belange zu behandeln und zu entscheiden. Ihr
schwacher Punkt war, dass in ihr die Ustascha vertreten und damit
ein erheblicher Unsicherheitsfaktor gegeben war. Dennoch hätte
sie nach Ansicht Glaise von Horstenaus eine Beruhigung der
innenpolitischen Lage herbeiführen können, vorausgesetzt, dass
der Poglavnik die Führung in der Hand behielt. Pavelić hatte
in dieser Hinsicht bei einer Reihe von Verfehlungen scharf
durchgegriffen, doch änderte sich ansonsten wenig. Die Ustascha
fuhr mit ihrem Terror fort und belastete damit von neuem die
Entwicklung des Staates und das Vertrauen des Volkes. Einzelne
massgebende kroatische Persönlichkeiten sahen wohl den
eingeschlagenen Weg der Serbenverfolgung als verfehlt an, doch war
man inzwischen schon zu stark in den Krieg mit den Tschetniks und
Partisanen verstrickt, als dass man diesbezüglich noch etwas zu
unternehmen wagte.[40] Das
kroatische Heer und seine führenden Offiziere sahen in der
Ustascha ein besonderes Hindernis auf dem Weg zu einem geordneten
Wehrwesen. Dagegen vertraten der Poglavnik, der überhaupt eine
geringe Meinung von den Domobranen hatte, und andere Persönlichkeiten
in Staat und Partei die Auffassung, dass vorläufig nur die
Ustascha-Miliz für den Schutz des Staates gegenüber seinen
inneren Feinden in Frage komme. Sie beriefen sich dabei auf den
revolutionären Gedanken, der die Ustascha angeblich beseelte, und
auf die Vorzüge, die eine, zudem noch besser ausgebildete und
ausgerüstete, Freiwilligentruppe in einem noch ungefestigten
Staatswesen gegenüber einer auf der allgemeinen Wehrpflicht
basierenden Armee besass. Das kroatische Volk zog allerdings mit
überwältigender Mehrheit die Domobranen der Ustascha-Miliz vor,
weil es diese wegen ihrer Disziplinlosigkeit, ihrer Überheblichkeit
und ihrer ständigen Ausschreitungen fürchtete und hasste. Doch
das Pavelić-Regime hätte nie die Auflösung der
Ustascha-Miliz verfügt, weil es mit ihr auf Gedeih und Verderb
verknüpft war.[41] 3.3.4
Der Wettstreit zwischen Italien und Deutschland Der
schweizerische Konsul in Zagreb berichtete zu Anfang des Jahres
1942 seinen Vorgesetzten, dass trotz der Unzufriedenheit der
beiden Besatzungsmächte mit der Ustascha-Regierung zwischen
Deutschland und Italien ein immer stärkerer Wettstreit um die
Behauptung ihrer Interessen in Kroatien entbrannte. Beide bemühten
sich, den vermeintlichen Partner auf keinem Gebiet einen Vorsprung
erringen zu lassen. Dieses Verhalten zeigte sich unter anderem bei
der deutschen Rekrutierung von kroatischen Arbeitskräften,
freiwilligen Soldaten für die Ostfront und bei der Ausstattung
deutscher Volksgruppen mit Sonderrechten. In allen drei Fällen
sah sich die italienische Regierung genötigt, sowohl freiwillige
Arbeitskräfte und Soldaten für Italien zu gewinnen als auch
Sonderrechte für eine italienische Minderheit in Kroatien zu
fordern.[42] Es
wurde aber auch laut Kästli besonders auf kulturellem Gebiet
Propaganda betrieben. Deutsche Professoren, Schriftsteller und
Wissenschaftler gaben Zweckvorträge, zu denen die Hörerschaft
oft in autorativer Form geladen wurde. Mit diesen Bemühungen
wurden vor allem deutscherseits Versuche unternommen, das alte Österreich
als einzigen Staat hinzustellen, der eine erfolgreiche
Balkanpolitik betrieben hatte und zukünftig auch betreiben könne,
an der auch Kroatien seinen Nutzen haben werde.[43] Der
Wettstreit äusserte sich gemäss Kästli auch in vielen
Geschenken an die Spitze der kroatischen Regierung. Den
Mitgliedern der Ustascha-Regierung wurden hohe Orden von Rom und
Berlin verliehen und der Poglavnik und Kvaternik erhielten
Geschenke in Gestalt von Luxusautos und Flugzeugen. Trotz der
Ehrungen der Ustaschen hatten die beiden Achsenmächte die
schwellenden Konflikte in Kroatien nicht aus den Augen verloren.
Vor allem Deutschland trachtete danach, wieder Herr der Lage zu
werden, und zögerte dabei nicht, personelle Umstellungen
innerhalb der Ustascha in Kauf zu nehmen.[44] 3.3.5
Die Absetzung der Kvaterniks Kästli
berichtet Anfang Herbst 1942, dass die Führung des Unabhängigen
Staates Kroatien im Verlaufe der letzten Zeit sehr problematisch
geworden sei, weil Pavelić die Macht mehr und mehr aus der
Hand genommen werde. Sein territorialer Machtbereich beschränke
sich nur noch auf die Hauptstadt Zagreb und deren nähere
Umgebung. Der Rest werde entweder von den Aufständischen
beherrscht, oder, wo Ustascha- und Domobranenformationen stehen, müssen
sich diese den Deutschen oder den Italienern fügen.[45]
Ausserdem war laut Kästli die persönliche Macht des Poglavniks
innerhalb der Regierung und seines Regimes keineswegs mehr
gesichert.[46]
Seine Minister arbeiteten teilweise gegeneinander und zeigten
schwindendes Interesse an ihren amtlichen Pflichten. Trotzdem
folgten keine Entlassungen. Stattdessen wurde der ganze
Regierungs- und Parteiapparat aufrechterhalten. In gewissen
Kreisen verglich man den Unabhängigen Staat Kroatien mit einem in
einer Menschenmenge eingekeilten Ohnmächtigen, der nicht umfallen
könne, weil er ringsherum mit oder ohne Absicht gestützt werde.[47] Kurz
nachdem Kästli den obigen Bericht verfasst hatte, wurde Pavelić
von Hitler im Führerhauptquartier empfangen. Der Grund für
diesen Besuch war, dass Hitler den Poglavnik über den Plan einer
einheitlichen deutschen militärischen Leitung im Kampf gegen die
Aufständischen in Kroatien informieren wollte. Dabei kündigte
der Führer an, dass im kroatischen Operationsgebiet die
vollziehende Gewalt an den deutschen Truppenbefehlshaber übergehen
werde und die kroatische Exekutive insoweit suspendiert werden müsse.
Pavelić erhob keine Einwände, weil er ahnte, dass Hitlers
Entschluss durch die sehr geringe deutsche Meinung über den
Kampfwert der kroatischen Domobranen und Ustascha-Milizverbände
sowie die Zweifel an den konstruktiven Fähigkeiten des
Ustascha-Regimes motiviert war. Hitler deutete zudem an, es sei im
Interesse Deutschlands, dass im politischen Leben des Unabhängigen
Staates Kroatien eine Beruhigung eintrete. Dies setze das
Ausscheiden derjenigen Persönlichkeiten in der Regierung voraus,
die sich als unzuverlässig oder hinderlich erwiesen hätten.[48]
Unter diesen Persönlichkeiten waren vor allem Marschall Kvaternik,
der Oberkommandierende der kroatischen Streitkräfte, und sein
Sohn Eugen Kvaternik, der Leiter der Ustascha-Sicherheitspolizei
zu verstehen.[49] Unmittelbar
nach seiner Rückkehr aus Deutschland traf Pavelić die
Vorbereitungen für eine Regierungsumbildung, die am 6. Oktober
vollzogen wurde und neben anderen Umgruppierungen vor allem die
Ablösung der beiden Kvaterniks zum Ziel hatte. Marschall
Kvaternik, dem Pavelić mangelnde Führung, militärisches
Versagen und private Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung
vorwarf, wurde, um seine Kaltstellung möglichst unauffällig zu
bewerkstelligen, in der Folge beurlaubt. Ende 1942 versuchte
Slavko Kvaternik bei seiner Rückkehr zunächst seine
Wiedereinsetzung zu ertrotzen, doch gab er seinen Versuch auf,
nachdem er hierfür weder deutsche noch kroatische Unterstützung
zu mobilisieren vermochte. Seinem Sohn Eugen Kvaternik wurde
vorgehalten, durch die von ihm verursachten oder zumindest
geduldeten Willkürakte und Zügellosigkeiten der Ustascha-Polizei
das Ansehen der Ustascha in der Bevölkerung auf einen Tiefstand
gebracht zu haben.[50] Obwohl
mit dem Ausscheiden der beiden Kvaterniks, vor allem des jüngeren,
aus der Sicht der Aussenstehenden die negativsten Elemente aus der
Regierung entfernt wurden, war man sich in eingeweihten Kreisen
darüber klar, dass die vorgenommenen Änderungen nur ein
Provisorium geschaffen hatten. Die Beibehaltung des in der
kroatischen Öffentlichkeit und auch in den Achsenstaaten schwer
belasteten Ustascha-Regimes, dessen Inkompetenz und Gewalttätigkeit,
würden nach Kästlis Ansicht auch der umgebildeten Regierung im
Bestreben, die so sehnlich erwünschte Ordnung zu schaffen, wie
Blei an den Füssen hängen.[51] 3.3.6
Die Goldschmuggelaffäre Im
Gegensatz zu den übrigen Werken ist in den Berichten Kästlis vom
April 1943 von einer zweiten Krise die Rede, die durch einen
Goldschmuggel innerhalb der Regierung hervorgerufen wurde. Aus
dem Erlös eines Geschäftsabschlusses mit einer schweizerischen
Firma in Chiasso beschaffte sich ein hoher Beamter des
Finanzministeriums eine ansehnliche Menge Goldstücke, die nach
schriftlicher Anweisung des Direktors der administrativen
Abteilung im Aussenministerium, Kolak, durch einen Kurier der ständigen
kroatischen Handelsdelegation in Zürich nach Zagreb gebracht
wurde. Um einen Teil dieser Goldstücke in Budapest mit noch mehr
Nutzen verkaufen zu können, versuchte unter Mitwissen Kolaks der
Finanzbeamte Havranek, das Geld über die ungarische Grenze zu
schmuggeln. Aufgrund einer Denunziation wurde er aber von den
kroatischen Zollorganen kontrolliert und verhaftet. Kolak war
einer der engsten Freunde des Aussenministers Lorković, dem
er bis vor kurzem als Kabinettschef gedient hatte. Havranek
bekleidete unter Finanzminister Košak, dem neben Lorković
prominentesten Glied der Ministerclique[52],
eine hohe Stelle. Von der Oberstengruppe wurde nun ein heftiges
Kesseltreiben gegen Lorković und Košak veranstaltet. Der
italienische Gesandte Raffaelo Casertano, ein im journalistischen
Dienst des Faschismus gross gewordener Parteifunktionär, schürte
das Feuer und nutzte die Gelegenheit zu einer eigenen Abrechnung
mit dem Aussenminister.[53] Schon
seit mehreren Wochen hatte Casertano das kroatische
Aussenministerium nicht mehr betreten und alle Geschäfte direkt
mit dem Poglavnik oder der Präsidialabteilung erledigt. Der Grund
für dieses für einen auswärtigen Vertreter gegenüber einem
Aussenminister so unfreundliche Verhalten lag darin, dass sich
Lorković in Berlin über die kroatenfeindliche Tätigkeit der
italienischen Generalität in Dalmatien bitter beklagt hatte. Kästli
berichtet diesbezüglich, dass die italienische Armee Tausende von
uniformierten Tschetniks aus Montenegro und der Herzegowina nach
Dalmatien transportiert hatte. Dort wurden sie von den Italienern
mit Waffen ausgerüstet und anschliessend gegen die
faschistenfeindliche kroatische Dorfbevölkerung eingesetzt. Die
italienischen Truppen selbst hatten ihre geschützten Stellungen
nicht verlassen und die Vernichtungsarbeit an der kroatischen Bevölkerung
den hereingeholten Tschetniks überlassen.[54] Da
der Skandal in der Regierung, im Regime und in der Öffentlichkeit
heftige Wellen schlug, sah sich Pavelić, der es zu keiner
schwerwiegenden Staatskrise kommen lassen wollte, zu einem
energischen Durchgreifen gezwungen. Kolak und Havranek wurden von
einem Standgericht innert drei Tagen zum Tode verurteilt und
innert Stundenfrist hingerichtet. Die Minister Lorković und
Košak, deren Stellung innerhalb der Regierung erschüttert war,
wurden auf Druck des italienischen Gesandten abgesetzt. Nachfolger
Lorkovićs wurde Mile Budak, der ein knappes halbes Jahr später
wegen einer Regierungsumbildung wieder von seinem Amt zurücktreten
musste. Lorković erhielt den Posten eines Staatsministers,
wurde aber, nachdem sich die Wogen wieder geglättet hatten,
Innenminister. Košak wurde als Botschafter nach Budapest gesandt.
Mit diesen Massnahmen konnte Pavelić seine Kontrahenten sowie
die italienischen Stellen besänftigen und sich und sein Regime
erhalten.[55] [1]Hory / Broszat. S. 93. [2]Das Regime machte zudem keinen Hehl daraus, dass es der serbisch-orthodoxen Bevölkerung keine vollen Bürgerrechte zuzubilligen gedachte, sondern entschlossen war, sie auch zahlenmässig kräftig zu dezimieren. Siehe Hory / Broszat. S. 96f. Vgl. dazu E 2400 (-) Zagreb, Bd. 4, Geschäftsbericht 1942/43 von Kästli. [3]Eugen Kvaternik, der aufgrund seines blutrünstigen Vorgehens gegenüber Serben und Juden den Beinamen eines kroatischen Himmlers erworben hatte und gemäss General Glaise von Horstenau deshalb der meistgehasste Mann im Lande ohne Unterschied von Stand und Nation war, hatte selbst eine Mutter jüdischer Abstammung. Kiszling berichtet, dass sogar die Gattin des Poglavniks Jüdin gewesen sei. Siehe Kiszling. S. 174. [4]Die deutschen Stellen in Serbien beklagten sich über die Vertreibungen, da es ihnen zum einen nicht möglich war, die vielen Flüchtlinge unterzubringen und zu verpflegen, und zum anderen ein grosser Teil dieser Flüchtenden sich den Freischärlern anschloss. Deshalb wurde Pavelić vom deutschen Oberkommando verboten, weitere Serben aus Kroatien zu vertreiben. [5]E 2300 Zagreb, Bd. 532, Bericht Kästlis vom 10.10.1941. [6]Tschetniks, gekennzeichnet durch einen Totenkopf auf der Mütze, hatten sich die serbischen Freischärler genannt, die in den Balkankriegen und im Ersten Weltkrieg vor allem in den unterworfenen Gebieten Südserbiens den Volksaufstand organisiert hatten. Als serbischer Veteranen- und Milizverband war die Tschetnik-Organisation auch nach 1918 im jugoslawischen Staat bestehen geblieben. [7]Hory / Broszat. S. 103f. In der Folge begnügten sich die Tschetniks im Kampf gegen die Besatzungstruppen mit Überfällen auf einzelne Soldaten und Kolonnen, mit Anschlägen auf militärische Depots, Fernsprechleitungen, Brücken und Bahnlinien. [8]Ebd. S. 105. Vgl. dazu E 2300 Zagreb, Bd. 532, Bericht Kästlis vom 10.10.1941. [9]Nach einem kommunistischen Bombenanschlag auf den jugoslawischen Prinzregenten wurde die Kommunistische Partei, damals die drittstärkste Kraft im Lande, bereits 1921 verboten. Siehe Martel Josef. Jugoslawien im Zweiten Weltkrieg. In: Markert Werner (Hg.). Jugoslawien. Osteuropa-Handbuch. Band I. Köln/Graz 1954. S. S. 76ff. [10]Kiszling. S. 181f. [11]Ebd. S. 182. Nähre Informationen über die einzelnen Kämpfe und die Kriegsführung findet man aus Sicht der Partisanen bei Kveder, Dušan. „Der jugoslawische Partisanenkrieg“. In: Allgemeine schweizerische Militärzeitschrift, 119 Jg., 1953, S. 470-483, S. 550-564, S. 628-634. und aus Sicht der kroatischen Domobranen bei Dragojlov, Fedor. „Der Krieg 1941-1945 auf dem Gebiet des `Unabhängigen Staates Kroatien`“. In: Allgemeine schweizerische Militärzeitschrift, 122 Jg., 1956, S. 345-364, S. 425-448, S. 509-523. [12]Kiszling. S. 182. [13]Die politischen Parolen Titos, wobei er auf das Herausstellen weltrevolutionärer Pläne verzichtete, zielten auf die Zusammenfassung aller Bürger des Landes gegen Tschetniks, Ustaschen und Okkupatoren. Die im Vergleich zu den übrigen Kriegsteilnehmer geringen Ausschreitungen der Kommunisten gegen die Bevölkerung und die humane Behandlung gefangen genommener kroatischer Landwehrmänner führten dazu, dass immer mehr Bürger und Soldaten zu den Partisanen flohen. Ganz allgemein herrschte das Bemühen vor, die Aufstandsbewegung durch Disziplinierung und fürsorgliche Verwaltungsmassnahmen für die zukünftige Machtübernahme gesellschaftsfähig zu machen. Siehe E 2400 (-) Zagreb, Bd. 4, Geschäftsbericht 1942/43 von Kästli. Vgl. dazu Kiszling. S. 182f. [14]E 2300 Zagreb, Bd. 532, Berichte Kästlis vom 8.1. und 20.2.1943. [15]Hory / Broszat. S. 107ff.
Vgl. dazu E 2300 Zagreb, Bd. 532, Bericht Kästlis vom
27.12.1943. [16]Hory / Broszat. S. 114ff. [17]Ebd. S. 115. [18]Ebd. S. 115. [19]Hory / Broszat. S. 112ff. [20]Martel. S. 109. Vgl. dazu Hory / Broszat. S. 113. [21]Hory / Broszat. S. 115. [22]Ebd. S. 115. [23]In einem Gespräch eröffnete Hitler General Horstenau, dass das Einströmen der Italiener in Dalmatien gar nicht so übel sei, weil damit eine Reibungsfläche zwischen Italien und Kroatien geschaffen würde. Ihm sei zudem nicht mehr an Ordnung in Kroatien gelegen, denn Deutschland müsse immer die Möglichkeit geboten bleiben, einzugreifen. Siehe Fricke. S. 169. [24]Deutscherseits wurde vermutet, dass die Italiener über die Annäherung der Pavelić-Regierung an Deutschland und damit über den Bruch der Römischen Verträge, in denen Italien die Hegemonie über Kroatien beanspruchte, verärgert waren und mit diesen Massnahmen beabsichtigten, den Ustascha-Staat stärker unter ihre Botmässigkeit zu bringen. Siehe Hory / Broszat. S. 116. Vgl. dazu Fricke. S. 49ff. [25]Hory / Broszat. S. 123. [26]E 2300 Zagreb, Bd. 532, Bericht Kästlis vom 9.12.1941. [27]Ebd. [28]Ebd. [29]E 2300 Zagreb, Bd. 532, Bericht Kästlis vom 9.12.1941. [30]Nur in Cianos Tagebuch findet man unter dem Datum des 17. Dezembers 1941 einen Vermerk, dass das Reich Italien angeboten hätte, das ganze kroatische Land unter seine Kontrolle zu bringen. Mussolini beabsichtigte, den Vorschlag anzunehmen. Siehe Ciano. S. 382. [31]E 2300 Zagreb, Bd. 532,
Berichte Kästlis vom 26.1.1942. [32]E 2300 Zagreb, Bd. 532, Berichte Kästlis vom 26.1.1942. [33]Ebd. [34]Fricke. S. 68. Vgl. dazu Kiszling. S. 178 und E 2300 Zagreb, Bd. 532, Berichte Kästlis vom 26.1.1942. [35]E 2300 Zagreb, Bd. 532, Berichte Kästlis vom 9.4.1942. [36]Ebd. [37]E 2300 Zagreb, Bd. 532, Berichte Kästlis vom 9.4.1942. [38]Ebd. [39]E 2300 Zagreb, Bd. 532, Berichte Kästlis vom 26.1 und 9.4.1942. [40]Fricke. S. 78f. [41]Ebd. S. 80. [42]E 2300 Zagreb, Bd. 532, Bericht Kästlis vom 9.4.1942. [43]Ebd. [44]Ebd. [45]Um
die verwirrenden Zustände in Kroatien zu veranschaulichen,
beschreibt Kästli, wie in einer kurz zuvor erfolgten Schlacht
die Deutschen mit den Tschetniks zusammen gegen die Italiener
und die kroatischen Domobranen gekämpft hatten. Siehe E 2300
Zagreb, Bd. 532, Bericht Kästlis vom 23.9.1942. [46]Namentlich zwei Gruppen stellten die Autorität Pavelićs in Frage und hatten demzufolge einen entscheidenden Eigenwillen entwickelt. Die eine war die der fanatischen Ustaschen mit dem Leiter der Sicherheitspolizei Eugen Kvaternik an der Spitze und die andere diejenige der höheren Offiziere um Slavko Kvaternik. [47]Diese schlecht funktionierende Regierung hat die Deutschen erneut dazu veranlasst, den in kroatischer Gefangenschaft befindlichen Maček aufzusuchen, um ihn dazu zu bewegen, der Pavelić-Regierung beizutreten. Maček stellte die deutscherseits unmöglich zu erfüllende Forderung, dass alle Italiener Kroatien zu verlassen hätten, bevor er dem Angebot zustimmen werde. Siehe E 2300 Zagreb, Bd. 532, Bericht Kästlis vom 23.9.1942. [48]Hitler war sogar entschlossen, mit den Ustaschen aufzuräumen. Der erschreckte Pavelić hatte seine „Prätorianer“ mit dem Hinweis retten können, dass die Ustaschen staatsführend seien. Das Wort „staatsführend“ scheint Hitler entwaffnet zu haben. Er gab daher Weisungen, einen Versuch zu machen, den kroatischen Staat unter Beibehaltung des Ustascha-Regimes umzuformen anstatt neuzuformen. Siehe E 2300 Zagreb, Bd. 532, Bericht Kästlis vom 22.10.1942. [49]Hory / Broszat. S. 133f. Vgl. dazu E 2300 Zagreb, Bd. 532, Bericht Kästlis vom 3.10.1942. [50]Die Enthebung des jungen Kvaterniks verlief ziemlich dramatisch. Als ihm vom Poglavnik, in Gegenwart von führenden Ustaschafunktionären, das Dekret ausgehändigt wurde, habe er es in Stücke zerrissen und dem Staatsoberhaupt vor die Füsse geworfen. Er soll erklärt haben, dass er wieder käme, denn man werde ihn wieder brauchen. Pavelić habe ihn daraufhin gewarnt, sich nicht in Intrigen gegen das Staatsoberhaupt zu verwickeln, er spiele sonst mit seinem Leben. Siehe E 2300 Zagreb, Bd. 532, Berichte Kästlis vom 3.10. und 22.10.1942. Vgl. dazu Hory / Broszat. S. 135f. [51]E 2300 Zagreb, Bd. 532, Bericht Kästlis vom 22.10.1942. [52]Innerhalb des Regimes gab es zwei Gruppen, die sogenannten Minister- und Oberstenclique, die sich gegenseitig zu schwächen suchten. Die Ministergruppe, in den kroatischen Journalistenkreisen scherzhaft Jungtürken genannt, bestand aus den jungen Ustaschen um den Poglavnik, die mit den Deutschen sympathisierten. Zu diesen gehörten Aussenminister Lorković, Finanzminister Košak und der Staatssekretär im Ministerpräsidium Vrančić, alles seit der Emigration eng miteinander befreundete Männer von knapp 30 Jahren. Zur Oberstenclique gehörten die k.u.k. Offiziere Generalleutnant Laxa, Oberst Prpić und einige Stabsoffiziere aus der Leibgarde des Poglavniks. Diese hatten die Italiener als Gegengewicht für ihre Zwecke eingespannt. Siehe E 2400 (-) Zagreb, Bd. 4, Geschäftsbericht 1942/43 von Kästli. [53]Wegen der Beteiligung einer dalmatinischen Italienerin an diesem Goldschmuggel konnte sich der italienische Gesandte sofort in die Affäre einschalten. Später hatte Kästli unter der Hand erfahren, dass die geheimnisvolle Denunziation von derselben Italienerin stammte. Siehe E 2400 (-) Zagreb, Bd. 4, Geschäftsbericht 1942/43 von Kästli. [54]E 2400 (-) Zagreb, Bd. 4, Geschäftsbericht 1942/43 von Kästli. Vgl. dazu E 2300 Zagreb, Bd. 532, Bericht Kästlis vom 20.2.1943 und Hory / Broszat. S. 131f. [55]E 2400 (-) Zagreb, Bd. 4, Geschäftsbericht 1942/43 von Kästli.
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