2 Die Biografie Friedrich Kästlis 

2.1 Der Lebenslauf bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges  

Am 30. März 1893 kam Fritz Kästli, jüngster Sohn des Jakob Kästli, eines Baumeisters in Bern, zur Welt. Nachdem er im Herbst des Jahres 1912 die Matura am Freien Gymnasium in Bern gemacht und seinen Militärdienst[1] geleistet hatte, immatrikulierte er sich im Frühling 1916 an der Universität Bern. Nach seiner Promotion mit Auszeichnung zum Doktor der Politikwissenschaften an der juristischen Fakultät im Jahre 1919 bewarb er sich als Beamter für wirtschaftliche Aufgaben im diplomatischen oder konsularischen Dienst. Da zu jenem Zeitpunkt in diesem Bereich keine Stelle frei war, wurde er Abteilungschef der Eidgenössischen Fremdenpolizei und gelangte erst drei Jahre später in den konsularischen Dienst des Eidgenössischen Politischen Departements. In der Folge leistete er als Konsularattaché zuerst in London, Shanghai, Glasgow und Leipzig, wo er im Jahre 1930 zum Berufsvizekonsul befördert wurde, seinen Dienst. In diesen Jahren wurde er von verschiedenen Seiten als eitle, teils eigenmächtige Person dargestellt, der es an gewissen kulturellen und weltlichen Gepflogenheiten mangle, die aber qualitativ gute und zielbewusste Arbeit leiste.[2] Im Jahre 1935 übernahm er die provisorische Verweserschaft des Konsulats in München[3], wo er zum Konsul befördert wurde, bevor er im folgenden Jahr zum Postenchef des Konsulats von Kaunas (Litauen) berufen wurde.

Es gelang Kästli trotz anfänglicher Schwierigkeiten und Bedenken seinerseits, ob er für diese Aufgabe die richtige Person sei[4], ein gutes Verhältnis zu den Vertretern Litauens und anderen Persönlichkeiten jenes Landes aufzubauen. Diese Entwicklung war unter anderem auf verschiedene erfolgreiche wirtschaftliche Abschlüsse zwischen schweizerischen und litauischen Unternehmen zurückzuführen, die dank Kästlis Einsatz zustande gekommen waren.[5] Doch auch hier hielt sein direkter Vorgesetzter Egger, der schweizerische Gesandte in Finnland fest, dass es bedauerlich sei, dass Kästli seine dienstlichen Fähigkeiten und Verdienste immer wieder durch seinen übermässigen Geltungstrieb und durch seine masslose Empfindlichkeit schmälere.[6]

Kurz vor der Annexion Litauens durch Russland und der damit erfolgten Schliessung des Konsulats am 25. August 1940 heiratete Kästli die 27 Jahre jüngere Litauerin Helene Augevicius, die zuvor als Ferienaushilfe im Konsulat gearbeitet hatte und aus einer angesehenen litauischen Offiziersfamilie stammte.  

 

2.2 Die Tätigkeit als Postenchef in Zagreb  

2.2.1 Die Grundzüge seiner Tätigkeit in Zagreb  

Der Bundesrat hatte sich Anfang 1941 dazu entschlossen, das Honorarkonsulat in Zagreb in ein Berufskonsulat umzuwandeln und Kästli die Leitung dieses Postens zu übertragen. Zagreb stellte für Kästli von Anfang an eine grosse Herausforderung dar. Der Ausbruch des Krieges in Jugoslawien und die Machtübernahme durch die Ustascha in Kroatien erschwerten die Situation des Konsuls erheblich. Kästli versuchte, sich durch die desolate Lage nicht beirren zu lassen und bemühte sich so weit als möglich, die Interessen der Schweiz wahrzunehmen. In diesem Sinne stattete er gleich zu Anfang seines Postenantritts bei allen seinen Berufskollegen und den wichtigen Persönlichkeiten der kroatischen Gesellschaft Besuche ab. Auswahl und Pflege der Letzteren richtete sich auf die dienstlichen Bedürfnisse aus, d.h. auf die unbedingt notwendigen Beziehungen zum Aussenministerium und zu Privatpersonen, die geeignet schienen, den sonst mangelnden Behördenverkehr zu ersetzen.[7] Vor allem die Bekanntschaft mit dem Staatsrechtler Professor Krišković, der von Kästli selbst hoch geachtet wurde, erwies sich als eine äusserst nützliche Beziehung. Viele der hohen kroatischen Beamten waren einst seine Schüler gewesen und liessen sich dank seines Engagements immer wieder für verschiedene schweizerische Vorhaben gewinnen. In den Wirtschaftsangelegenheiten konnte Kästli den Chef der kroatischen Handelsdelegation, Professor Butorac, als Vertrauten gewinnen, der ihm mit seinem weitreichenden Einfluss stets mit Rat und Tat zur Seite stand. Für Fragen bezüglich der schweizerischen Kolonie in Kroatien hatte Kästli in alt Konsul Segesser eine gute Stütze. Dieser hatte bis 1940 das Honorarkonsul in Zagreb geleitet und war danach in Kroatien geblieben.[8]

Nach Klärung der Anerkennungsfrage zwischen der Schweiz und Kroatien baute Kästli seine Beziehungen weiter aus. Er suchte alle für seine Belange wichtigen Minister und Persönlichkeiten in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf und versuchte, sie für die Interessen der Schweiz zu gewinnen. Gegen Ende des Jahres 1941 waren die persönlichen Beziehungen des Konsulates derart ausgebaut, dass sie für alle dienstlichen Bedürfnisse gut spielten.[9] Kästli zeigte auch soziales Engagement, indem er und seine Frau angesichts des Elends elternloser Kinder in Kroatien Ende 1942 ein pravoslawisches Waisenkind als Pflegesohn aufnahmen. Das EPD zeigte sich über den Einsatz Kästli zufrieden, wie in einer Notiz des Bundesrates[10] zu lesen ist und beschloss, ihn aus diesen Gründen im Jahre 1943 zum Generalkonsul zu befördern. Mit ausschlaggebend für die Beförderung war, dass die kroatische Regierung eine angemessene Vertretung in Zagreb wünschte. Nachdem eine Gesandtschaft nicht in Frage kam, erwartete man in Kroatien zumindest ein Generalkonsulat. Diesem Begehren gab die Bundesregierung nach anfänglichen Bedenken nach.[11]

Obwohl sich die Beziehungen Kästlis zu den kroatischen, deutschen und italienischen Stellen in Zagreb verbesserten, so dass er vermehrt zu offiziellen Anlässen eingeladen und dort zuvorkommend behandelt wurde, wandelte sich im Verlauf des Jahres 1944 die Einstellung des Ustascha-Regimes ihm gegenüber. Die innenpolitisch gespannte Lage Kroatiens hatte direkte Auswirkungen auf den schweizerischen Vertreter. Vorwürfe und Gerüchte, wonach Kästli achsen- und ustaschafeindlich eingestellt sei, wurden vom Regime ernst genommen. In seinen Berichten und Briefen äusserte sich Kästli durchaus achsen- und vor allem ustaschakritisch, doch vermied er es aus diplomatischen Gründen seine persönliche Meinung offiziell kundzutun. Deshalb wehrte er sich gegen solche Verleumdungen, die seinen Beziehungen zu Kroatien und den übrigen Ländern der Achse schwer schadeten. Trotz diesen in Kästlis Augen von nazifreundlichen Kreisen geäusserten Verleumdungen, vor allem was die Achsenfeindlichkeit anbelangte, bat er den schweizerischen Chef des Konsulardienstes in einem Brief, dahingehend beim Bundesrat einzuwirken, dass er nach Ende des Krieges als Gesandter in Zagreb eingesetzt werde.[12]  

 

2.2.1 Die Goldaffäre  

Die innenpolitische Lage in Kroatien verschlechterte sich ab 1944 zusehends, und das Ustascha-Regime begann alle Gegner seiner Politik als Feinde zu betrachten. Kästli, der wie zuvor erwähnt, bereits früher als achsenfeindlich eingeschätzt wurde, geriet immer mehr in den Verdacht eine Anti-Ustascha Politik zu betreiben.[13] Die Situation wurde für ihn sehr gefährlich, als die Kroatische Staatsbank Anfang August 1944 heimlich 980 kg ihres Goldes in die Schweiz verschob. Der Transport spielte sich folgendermassen ab: Unter einer vereinbarten Silbersendung von ca. 25 Tonnen jugoslawischer Münzen, welche die Schweizerische Nationalbank aufgekauft hatte, wurden einzelne heimlich mit Gold gefüllte Säcke gemischt. Die Schweizerische Nationalbank, durch das Einschmuggeln von Gold in den Transport überrascht und in Verlegenheit gebracht, stellte die Kroatische Staatsbank vor die Alternative, ihr entweder unter annehmbaren Bedingungen das Gold zum Kauf zu überlassen[14] oder es wieder zurückzunehmen.[15]

In der Folge wurde Kästli zum Vizepräsidenten der Kroatischen Staatsbank Junus Mehmedagić bestellt, der sich bei Kästli über das schweizerische Verhalten in dieser Sache beschwerte und die Rechtmässigkeit des schweizerischen Vorgehens anzweifelte. Der schweizerische Konsul erklärte dem Vizepräsidenten, dass gemäss einem Bundesratsbeschluss vom Dezember 1942 die Goldeinfuhr und -ausfuhr der Bewilligungspflicht unterstand. Daher war auch die Goldsendung, da sie ohne Einfuhrbewilligung erfolgt war, gesetzeswidrig. Auf diesen Einwand hin vertraute Mehmedagić Kästli an, dass die heimliche Absendung von Gold, obwohl mit dem persönlichen Einverständnis des Finanzministers, von ihm veranlasst worden sei, um dieses Kroatien er meinte damit nicht den Ustascha-Staat Kroatien zu erhalten und insbesondere einem deutschen Zugriff entziehen zu können. Kästli ging, angesichts der hoffnungslosen Lage des Unabhängigen Staates Kroatien zu jener Zeit, davon aus, dass Mehmedagić, zuvor noch ein ehrgeiziger Ustascha, diese Goldsendung veranlasste, um bei dem nachfolgenden Regime bessere Aussichten zu haben.[16] Mehmedagić und später auch Finanzminister Toth baten Kästli auf die Schweizerische Nationalbank dahingehend einzuwirken, dass das Gold keinesfalls über die Grenze gestellt, sondern teils bei der Schweizerischen Bankgesellschaft, teils bei der Schweizerischen Kreditanstalt, also bei Privatinstituten, hinterlegt werden sollte.[17] Kurze Zeit später teilte die Schweizerische Nationalbank Kästli in einem telegrafischen Schreiben mit, dass sie unter keinen anderen Umständen als unter den bereits oben erwähnten bereit wäre, das Gold in der Schweiz zu belassen.

Was Kästli bis anhin nicht erfahren hatte, war, dass der Finanzminister den Vizepräsidenten der Staatsbank ohne Wissen seiner Regierung gedeckt hatte und dass Letztere sowie die obersten Ustaschaführer erst nachträglich vom Goldtransport Kenntnis erhalten hatten.[18] Aufgrund dieser Angelegenheit wurde der schweizerische Konsul zum kroatischen Aussenminister Alajbegović gerufen. Kästli teilte diesem mit, dass sich die schweizerische Regierung bezüglich der Bitte Kroatiens, das Gold beim nächstgelegenen ausländischen Posten zur Verfügung zu stellen, darauf berief, dass das Gold seinerzeit ohne erforderliche Einfuhrbewilligung eingeführt worden war und daher vorerst eine entsprechende Ermächtigung für die Auslieferung der Eidgenössischen Zollverwaltung abzuwarten sei.[19] Am Ende der Unterredung wies Alajbegović den schweizerischen Vertreter drauf hin, dass er Kästli vom Regierungspräsidenten mitzuteilen habe, dass es Konsequenzen haben werde, wenn diese Sache nicht in Ordnung käme. Kästli empfand diese Worte als eine ernsthafte Drohung gegen seine Person.[20]

In einer Note an das kroatische Aussenministerium erklärte Kästli, falls die Kroatische Staatsbank die Verfügungstellung des Goldes an eine nächste ausländische Zollstation zuhanden der kroatischen Regierung wünsche, einer Erledigung in diesem Sinne von schweizerischer Seite aus keine Hindernisse im Wege stehen würden. Die Schwierigkeiten schienen ihm vielmehr darin zu liegen, dass aufgrund der nach Vorschriften zu handeln bemühten schweizerischen Beamten, die Wiederausfuhr dieses illegitim eingeführten Goldes in Formen gekleidet werden müsse, welche die Schweizerische Nationalbank der Eidgenössischen Oberzolldirektion gegenüber vertreten könne.[21]

Nachdem die schweizerische Regierung Verhandlungen diesbezüglich anbot und sich die kroatischen Stellen von der schweizerischen Lösungsbereitschaft überzeugen liessen, entspannte sich die Lage in Zagreb für Kästli. Die Situation verschlechterte sich aber kurze Zeit später, als bekannt wurde, dass der Bundesrat die kroatischen Guthaben in der Schweiz zu sperren beabsichtigte. Das Misstrauen des Ustascha-Regimes gegenüber der Schweiz erhielt dadurch neue Nahrung. Kästli wurde von den Ustaschakreisen mitgeteilt, dass er die Verantwortung für ein Scheitern der Verhandlungen zu tragen habe. Obwohl der Bundesrat Ende 1944 die Sperre für die Länder Kroatien, Ungarn und Slowakei erlassen hatte, dauerten die Verhandlungen an, und man hoffte in Zagreb weiterhin auf einen Teilerfolg. Nachdem diese gescheitert waren und man Kästli eine dritte Warnung zukommen liess, entschied sich dieser, Kroatien so bald als möglich zu verlassen. Um keinen Verdacht zu schöpfen, tarnte er seine Abfahrt als eine Dienstreise, und liess die kroatischen Stellen wissen, dass er nach einigen Wochen wieder zurückzukehren beabsichtige. Am 7. März 1945 verliess Kästli Kroatien Richtung Schweiz und kehrte nicht mehr zurück. Nach einer schwierigen und gefährlichen Reise durch das von den Alliierten bombardierte Deutschland kam er einige Tage später heil in der Schweiz an.[22]

Er verbrachte nach den turbulenten Zeiten in Zagreb die nächsten zwei Jahre im Innendienst in Bern und wurde erst wieder 1947 in den Aussendienst nach Montreal beordert. Dort blieb er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1959. Am 28. Februar 1972 starb Kästli in Bern.[23]  

 

2.2.2 Das Bild Kästlis von den Kroaten

Kästli sah in den Kroaten ein Volk, welches „rassisch und sprachlich“[24] zum slawischen Stamm gehörte und konfessionell romanisch geprägt war. In weltanschaulicher Hinsicht bildete es seiner Ansicht nach den Übergang vom Morgen- zum Abendland. Kulturell gehöre es dem Kreis der sesshaften, Landwirtschaft, Viehzucht und Handel treibenden und schifffahrenden Völker an. Geographisch (Wirtschaft und Verkehr) war Kroatien für ihn Kreuzpunkt von Westeuropa nach dem Schwarzen Meer und vom Donauraum ins Mittelmeer. Politisch rechnete er es, wie die grosse Mehrzahl der Völker des europäischen Ostens, zu den unreifen Nationen. Kästli beschrieb die Kroaten als eher passives Volk, welches dank seiner künstlerischen Begabung in beachtlichem Masse kultur- und assimilationsfähig sei. Sie würden zum Kreis der tragischen Völker gehören, welche gross im Erdulden seien. Ihnen sei eine hohe, lebendige Intelligenz eigen, welche aber, wie bei so vielen osteuropäischen Völkern, an mangelnder Ausgeglichenheit kranke.[25]

In den Augen Kästlis erklärte sich der Bruderzwist zwischen Serben und Kroaten und der dadurch entbrannte Bürgerkrieg aus dem langen Kampf gegen die Türken und der damit verbundenen Neigung zur Gewaltanwendung, dem Versagen der katholischen Kirche in diesem Raum sowie der grossserbischen Politik, die das Kroatentum seit der Gründung des gemeinsamen Staates unterdrückt hatte. Gemäss Kästli war es den Kroaten aufgrund dieser Bedingung nicht möglich, ihre Rückständigkeit zu überwinden. Zudem war die „rassenbedingte politische Passivität“[26] einer politischen Entwicklung nicht förderlich. Dies zeigte sich laut Kästli in der damals grössten politischen Partei, der kroatischen Bauernpartei, welche jede grössere Herausforderung und Verantwortung scheute. Das Volk, welches grösstenteils aus Bauern bestand, sah wie die Bauernpartei in der ungeliebten Regierung der Ustascha ein notwendiges Übel, ohne es beseitigen zu wollen. Dieser fehlende Wille zur Ergreifung oder mindestens zur aktiven Beteiligung an der Regierungsmacht konnte gemäss Kästli den Kroaten weder über ihr momentanes Schicksal hinweghelfen noch sie zu tragenden Staatsbürgern heranbilden.[27]

Kästli gelangte zur Folgerung, dass es der Führung des kroatischen Volkes an folgenden Merkmalen mangle: an Entschlusskraft, an politischem Kalkül und an politischen Zielen für die Zukunft. Das Erste, so Kästli, hätte sich unter den obwaltenden Umständen vor der Weltöffentlichkeit noch nicht wirkungsvoll offenbaren können. Das Zweite würde vom weiteren Kriegsverlauf abhängen. Und die politischen Ziele würden nur solange als ein Programm aufgefasst werden, wie das kroatische Volk nicht in der Lage sei, zu einer klaren Willensäusserung Stellung zu beziehen.[28]

Weiter berichtet Kästli, wie Jugoslawien gerne mit der Schweiz verglichen und als eine Art „Schweiz des Ostens“ bezeichnet werde. Laut Kästli sei dabei aber vergessen worden, dass sich beide Staatsgebilde nicht nur historisch anders gebildet hätten, sondern auch die Grundvoraussetzung in wichtigen Teilen anders sei. Jugoslawien hätte sich auf die Gleichheit von Rasse und Sprache gestützt, während für die Schweiz gerade in diesen Dingen die Verschiedenheit der einzelnen Volksteile charakteristisch sei. Während den drei Stämmen Jugoslawiens die wichtigsten Voraussetzungen zu einem Zusammenschluss fehlen würden, seien sie bei der schweizerischen Eidgenossenschaft in idealem Masse erfüllt. Die Schweiz lebe geopolitisch in einer fast einzigartig günstigen Lage, innerhalb ein und desselben Kulturkreises, innerhalb ein und derselben Weltanschauung und in konfessionell abgeklärten Verhältnissen. Ihre drei Stämme seien kleeblattartig nebeneinander gereiht. Jeder Stamm sei gleichzeitig Nachbar der beiden anderen, was die Staatsleitung von zentraler Stelle aus erleichtere und Ungerechtigkeiten gegenüber einem Einzelstamm selten aufkommen lasse. In Jugoslawien hingegen seien die einzelnen Volkskörper linear geschaltet. Die Leitung befände sich ausgerechnet bei jener Ethnie, die zum Morgenland gehöre.[29]

In ähnlichem Sinne fährt er fort, dass ein gemeinstaatliches Zusammenleben der Kroaten und Serben, mit Rücksicht auf die geschilderten Grundlagen und Spannungen sowie im Hinblick auf die damaligen Erfahrungen für die Zukunft, als unzweckmässig angesehen werden müsse und zwar egal, ob auf föderativer oder zentralisitscher Grundlage aufgebaut. Der aus der Versailler-Konferenz resultierende Plan hätte sich zu einseitig auf die rassischen und sprachlichen Verwandtschaften der drei Volksstämme bezogen. Dabei hätte man ob diesen oberflächlichen einigenden Elementen die sehr tief gehenden, entscheidenden Trennungselemente übersehen. 1919 habe man laut Kästli die zentrifugalen Kräfte noch nicht erkannt. Der Zweite Weltkrieg biete diesbezüglich so viel Anschauungsunterricht, dass eine Neugründung Jugoslawiens seiner Ansicht nach zukünftig nicht mehr zur Debatte stehen sollte.[30]



[1]Im Jahre 1917 wurde Kästli zum Oberleutnant der Artillerie (Haubitze) befördert.

[2]E 2500 (-), 1982/120, Bd. 51. Vgl. dazu Berichte vom 3.9.1925, 23.9.1925 und 24.12.1929 an das EPD.

[3]Die mit ihrem Konsul äusserst zufriedene Schweizerkolonie, versuchte den Bundesrat dahingehend zu beeinflussen, Kästli nicht nach Kaunas in Litauen zu versetzen. Siehe E 2500 (-), 1982/120, Bd. 51, Schreiben des Schweizerischen Unterstützungsvereins München vom 18.7.1936.

[4]Er hatte Bedenken, weil er nur Konsul und nicht Gesandter war und deshalb zweifelte, ob die litauischen Kreise seinen Aufgaben genügend Aufmerksamkeit schenken würden.

[5]E 2500 (-), 1982/120, Bd. 51, Bericht von Kästli aus dem Jahre 1937 an das EPD.

[6]Egger führte weiter aus, wie Kästli durch sein persönliches Verhalten Gefahr lief, die Kritik seiner Vorgesetzten herauszufordern und die Aussicht seines Aufstieges zu verscherzen. Das EPD antwortete in einem Schreiben an Egger, dass es seine Auffassung teile. Siehe E 2500 (-), 1982/120, Bd. 51, Bericht des schweizerischen Gesandten in Finnland, Egger an das EPD vom 21.11.1939 und Schreiben des EPD an Egger vom 29.11.1939.

[7]E 2400 (-) Zagreb, Bd. 4, Geschäftsbericht 1941 von Kästli.

[8]E 2400 (-) Zagreb, Bd. 4, Geschäftsbericht 1941 von Kästli.

[9]Ebd.

[10]In dieser Notiz wird berichtet, dass Dr. Ebrard, der Chef der schweizerischen Handelsdelegation, welche ein erstes Wirtschaftsabkommen mit Kroatien schloss, grosse Stücke auf Kästli hielt. Siehe E 2500 (-) 1982/120, Bd. 51, Notiz des Bundesrates vom 5.2.1943.

[11]E 2500 (-), 1982/120, Bd. 51. Vgl. dazu E 2200 (Zagreb), -/1, Bd. 5, Bericht von Kästli vom 20.11.1941.

[12]E 2500 (-), 1982/120, Bd. 51, Schreiben Kästlis vom 30.8.1944. Diese Bitte erklärt sich daraus, dass Kästli trotz seiner geringen Sympathie für das Regime, viel am Land und an den Leuten Kroatiens lag.

[13]E 2500 (-), 1982/120, Bd. 51 Brief Leuenbergers, Vertreter der Schweizerischen Illustrierten Zeitung, an Kästli vom Sommer 1944.

[14]Unter dieser Bedingung verstand man, dass die Kroatische Staatsbank dieses Gold der Schweizerischen Nationalbank zum Kauf anbieten und den Gegenwert in Schweizerfranken zur Bezahlung von schweizerischen Waren, die für den Export nach Kroatien bestimmt waren, verwenden sollte. Siehe E 2001 (E), 2, Bd. 603.

[15]E 2001 (E), 1, Bd. 373, Bericht von Kästli zur Goldaffäre vom 23.3.1946. Vgl. dazu E 2001 (E), 2, Bd. 603. 

[16]E 2001 (E), 1, Bd. 373, Bericht von Kästli zur Goldaffäre vom 23.3.1946.

[17]In einem Chiffretelegramm an das Politische Departement zuhanden der Nationalbank wies Kästli auf die Nützlichkeit hin, das Gold auf alle Fälle zurückzuhalten, um es später, nach dem politischen Umbruch, als Pfand gegen Eingriffe zum Nachteil schweizerischen Kapitals in petto zu haben. Siehe E 2001 (E), 1, Bd. 373, Bericht von Kästli zur Goldaffäre vom 23.3.1946.

[18]Finanzminister Toth musste aufgrund dieser Angelegenheit als Präsident der Staatsbank zurücktreten.

[19]E 2001 (E), 1, Bd. 373, Bericht von Kästli zur Goldaffäre. Vgl. dazu E 2001 (E), 2, Bd. 603.

[20]Ebd. 

[21]E 2001 (E), 1, Bd. 373, Bericht von Kästli zur Goldaffäre. Vgl. dazu E 2001 (E), 2, Bd. 603.

[22]Ebd.

[23]E 2500 (-), 1982/120, Bd. 51

[24]E 2400 (-) Zagreb, Bd. 4, Geschäftsbericht 1942/43 von Kästli.

[25]E 2400 (-) Zagreb, Bd. 4, Geschäftsbericht 1942/43 von Kästli.

[26]Ebd.

[27]Ebd.

[28]E 2400 (-) Zagreb, Bd. 4, Geschäftsbericht 1942/43 von Kästli.

[29]Ebd.

[30]Ebd.